„Von Hackern spielen lernen“
Silke: Als ich letztes Jahr mal ein Projekt in einem großen Konzern gemacht habe, da hat ein Manager über die Vorstände gesagt: „Ein Vertriebler sollte nicht CEO sein. Nun bist Du nicht nur CEO, sondern auch Mitgründer der SingularitySales. Ist das nicht verkehrte Welt?
Børge (lacht): Nein, verkehrt erstmal ganz und gar nicht, da wir äußerst erfolgreich sind. Aber Du hast trotzdem recht. Vor ein paar Jahren hätten ich auch noch nicht gedacht, dass ich mal selbst Unternehmer sein würde.
Silke: Wie kam es dann dazu?
Børge: Kurz gesagt: Selbsterkenntnis. Das heißt, Selbsterkenntnis gepaart mit ein paar weiteren Erkenntnissen, die dann irgendwann wie Puzzleteile zusammengefallen sind. Die fundamentalste Erkenntnis nach 25 Jahren im Vertrieb, 5 Rollen als CSO oder VP Sales und 4 erfolgreichen Exits war, dass Sales Trainings, wie sie von vielen Sales Päpsten verkauft werden, nicht funktionieren. Die verkaufen alle seit Jahrzehnten dieselben Erfolgsstories. Die erzählen sie auf der Bühne tausendfach erprobt - wie Schauspieler. Daran ist auch nichts Falsches. Das Problem ist nur, die Balance zwischen Motivation ala Tschackatschacka und wirklich umsetzbaren Tools stimmt nicht. Die Leute gehen nach Hause, sind motiviert, versuchen das gleiche im eigenen Vertrieb anzuwenden - und scheitern. Das ist auch kein Wunder, denn die einfache Erkenntnis ist: Es gibt nicht den einen Weg, wie man erfolgreich verkauft. Die Frage ist immer:
Wer ist „man“ eigentlich, also wer ist die Person, die letztlich den Hörer in der Hand hält. Da sind wir bei der Einzigartigkeit – Singularity.
Silke: Bevor wir dazu tiefer einsteigen – das war jetzt eine Erkenntnis, warum aus dem Sales VP ein Founder wurde. Was waren die anderen?
Børge: Die anderen wesentlichen waren: 1) Eines meiner letzten VP Projekte bei einem SaaS Startup, bei dem ich mit der Hacker-Methodik in Kontakt kam und 2) Ghadi.
Silke: Ok, da scheinen noch spannende Geschichten zu lauern. Nun also erst mal zurück zur Einzigartigkeit – Singularity. Hat die Erkenntnis zu den nicht-funktionierenden Verkaufstrainings dann direkt dazu geführt, dass Du den Firmennamen SingularitySales angemeldet hast?
Børge: Nein, ganz und gar nicht, das war eine Story für sich. Dazu brauchte es, wie so oft im Leben, eine Frau zur Hilfe – genauer gesagt: meine Frau. Sie hatte die Idee mit dem Namen, nachdem ich gefühlt 30 Domains vorher bereits registriert hatte, nachdem ich den Entschluss zum Gründen gefasst hatte. Aber sie war es letztlich, die mir irgendwann auf den Kopf zusagte: „Einzigartigkeit, das ist, das macht euch aus, Ghadi und Dich.“
Da war ich erst mal etwas platt, denn den Namen hatte ich nicht auf dem Schirm gehabt. Aber letztlich hat sie völlig recht, der Kern unserer Methode ist die Einzigartigkeit – und zwar durchweg rund um alle Vertriebsthemen.
Silke: Ist das nicht lustig, dass Du da selbst nicht drauf gekommen bist, wenn das doch so wichtig ist?
Børge: Würde ich nicht sagen. Es ist typisch: Das Offensichtliche erkennt man oft nicht. Man kann es aus der eigenen Perspektive auch nicht erkennen. Sonst bräuchte es auch keine Berater. Das ist schließlich der Mehrwert, den der Blick von außen bringt: Man lernt, sich selbst neu zu sehen und kann damit an völlig anderen Stellschrauben drehen.
Silke: Das klingt ziemlich nach Berater-Bullshit-Bingo. Wie sieht das nun konkret aus. Ihr macht eine Analyse und dann macht Ihr Eure Wunderkiste mit Tools auf und siehe da, mein Unternehmen wächst plötzlich wie täglich mit Pferdemist gedüngt oder was? Sorry, wenn ich da etwas kritisch nachhake, aber das klingt mir mal wieder zu sehr nach „ein richtiger Vertriebler kann alles verkaufen“!
Børge (grinst): Erstens, dem letzten Zitat würde ich nie zustimmen. Ich selbst habe mal in einer Agentur gearbeitet, wo wir einen Kunden gewinnen wollten, der ein Produkt vertrieben hat, das mir null gelegen hat. Ergebnis: Ich selbst habe null Produkte davon verkauft, allerdings haben wir den Kunden trotzdem bekommen. Was ich damit sagen will: Ich glaube nicht daran, dass man als Vertriebler „alles“ verkaufen kann und sollte. Man muss hinter dem Produkt stehen, sonst hat es keinen Sinn. Zweitens, jetzt komme ich zum Thema Tools, auch hier ein „nein“ zur Wunderkiste als Lösung. Wir machen es anders. Uns unterscheidet zunächst einmal, dass wir nicht nur Lösungen „predigen“ oder auf Folien malen, sondern wir setzen sie mit dem Kunden gemeinsam um.
Für diese operative Begleitung und die Schulung der Vertriebler ist im Wesentlichen Ghadi am Ball (Link). Was meinen Teil der Strategie- und Konzeptentwicklung angeht, so lebt der Prozess von einer 360°-Analyse, die sämtliche Perspektiven auf das Unternehmen abdeckt.
Silke: Klingt aufwändig und lang, damit teuer und mit vagem Ausgang!
Børge: Du bist wirklich kritisch - aber ich mag kritische Gesprächspartner. Nein. Der ganze Prozess der Strategieentwicklung muss alles in allem nicht länger als 8 bis 10 Tage dauern. Wir gehen so weit in die Tiefe wie nötig, aber viel wichtiger ist eben die Perspektivenvielfalt. Im ersten Teil, in der Regel in einem Workshop, sprechen wir mit der Geschäftsleitung. Dann folgt der zweite Schritt, dabei sprechen wir mit dem Vertriebsteam. Und im dritten Teil beleuchten wir die Kundenseite. Das machen wir mit der sogenannten „Zauberkundenbefragung.“ Das ist eine Methode, die ich vor vielen Jahren einmal entwickelt habe und seitdem mehr als 20 mal erfolgreich für Kunden angewendet habe. Alles zusammen ergibt dann ein Bild, das uns ein Konzept erarbeiten lässt, welches unseren Kunden zwischen mehr als 30% zusätzliches Wachstum beschert.
Silke: Das stelle ich mir nicht einfach vor. Ich weiß, dass 360° Analysen sehr effektiv sind, aber viele Führungskräfte zum Beispiel lehnen sie ab. Sie wollen gar nicht wissen, was sie alles über sich lernen könnten. Selbst wenn es ihnen wichtige Erkenntnisse liefern würde. Ist das nicht das alte Beraterproblem und der Grund, warum viele Beratung komplett ablehnen, da sie am Ende nichts bringt, denn die „Wahrheit“ bleibt eh unausgesprochen?
Børge: Nun, die „Wahrheit“ gibt es in dem Sinne eh nicht. Wenn wir das behaupten würden, wären wir unseriös. Es gibt nur das, was dem Unternehmen weiter hilft, zu wachsen. Und diese „Wahrheit“, die es dafür braucht, liegt meist irgendwo in der Mitte. Man kann sich das ja so vorstellen wie beim Fußball. Du hast den Trainer (Unternehmen), der am Whiteboard lustig Strategien malt und Videos studiert, um die beste Strategie zu entwickeln. Dann hast Du die Spieler (Vertriebsmitarbeiter), die das Ganze auf dem Platz abliefern müssen. Und dann hast Du die gegnerische Mannschaft (Kunde des Unternehmens), die Dir in 5 Minuten drei Gegentore ins eigene Viereck legen kann. So, wo ist jetzt die Wahrheit genau? Ja, und genauso ist es natürlich auch in der Beratung. Letztlich entscheidet der Trainer trotzdem, welche Strategie gespielt wird. Aber alle haben ein Interesse daran, gemeinsam ihre Fähigkeiten zu verbessern, um sich besser auf den Gegner einzustellen. Da hilft kein Verbiegen und kein Harry Potterscher Zauberstab. Du musst mit den Ressourcen und Talenten im Team arbeiten, die da sind. Und davon gibt es oft eine Menge mehr als viele sehen.
Silke: Ist das so?
Børge: Definitiv. Oft sind es keine „negativen“ Aspekte, die wir im Analyseprozess herausfinden. Im Gegenteil. In den Workshops, wenn wir die Ergebnisse der Befragung und unseren Konzeptionsansatz vorstellen, hören wir oft von den Vorständen den Satz: „Krass, hätte ich nie gedacht, dass unsere Kunden so viel Wert aus unseren Produkten schöpfen.“ Das macht mich dann mega happy, den Kunden zu zeigen, dass sie oft viel erfolgreicher sind als sie sich selbst eingestehen. Und daran kann man anknüpfen und optimieren.
Silke: Wo steht dann das Thema Einzigartigkeit im Optimierungsprozess?
Børge: Nun, das ist eben bei jedem Kunden anders. Wie gesagt, es gibt keinen Standardprozess. Ghadi und ich haben so viele Jahre zusammen an Erfahrung im Vertrieb, dass uns gewisse Situationen bekannt vorkommen. Aber das heißt nicht, dass „unsere“ Lösung dann 1:1 beim Kunden weiterhilft. Nachdem die Phase Analyse- und Konzeption abgeschlossen ist, spiele ich den Ball an Ghadi und es kommen weitere Erkenntnisse hinzu in der direkten Zusammenarbeit mit dem Vertriebsteam, die vorher auch noch nicht so klar waren.
Silke: Wenn es um Strategie geht, ist das nicht heute völlig hinfällig inmitten des viel zitierten „schnellen und permanenten Wandels“? Wer setzt denn heute noch wirklich langfristige Strategien konsequent um?
Børge: Ich glaube nicht, dass sich das Thema Strategie erledigt hat – Wandel hin oder her. Ich glaube aber schon, dass sich viele aufgrund der hohen Dynamik in den Märkten und im Umfeld viel zu sehr von ihren ureigenen Stärken ablenken lassen. Ich erkläre das immer am Beispiel eines Navigationssystems. Du gibst bei Google Maps ein, was genau Dein Ziel ist. Dann rechnet der Computer blitzschnell die Route ein, die heute unter den gegebenen Bedingungen, d.h. Stau, Baustellen, Unfälle, etc., herrschen. Dann spuckt der die optimale, also schnellste, Route aus. Wenn Du aber von vorne herein gar nicht weißt, wo Du hinwillst, gibt es auch keine Route, geschweigedenn den schnellsten Weg zum Ziel. Genauso ist es auch beim Fußball. Wenn Du einfach nur drauf losspielst und Dir denkst, Du kommst schon durch die Abwehr durch – tja, viel Spaß!
Silke: Wenn Du von den Zielen Deiner Kunden sprichst, welche genau sind das in der Regel? Mit welchen Anfragen kommen die Unternehmen zu euch?
Børge: Oberflächlich geht es erst einmal immer um das Problem: „Wir wollen mehr verkaufen.“ Darin steckt aber bereits eine Erkenntnis. Diese ist: Wir haben ein tolles Produkt und können es nicht angemessen verkaufen. Oft hängt das natürlich auch an den Persönlichkeiten. Das meine ich gar nicht negativ. Es ist nur einfach so, dass jede Branche bestimmte Persönlichkeitstypen mit sich bringt. Die aktuelle Startup-Generation zum Beispiel besteht hauptsächlich aus ITlern bzw. Naturwissenschaftlern. Die vorherige bestand aus Wirtschaftswissenschaftlern. Beide sind von ihren Stärken her nicht unbedingt die Storyteller. Da gilt es also, den Mittelweg zu finden und auch Produkte, die an sich vielleicht nicht so schnell weggehen wie Tickets für das Champions League Finale, mit einem Sales Team zu unterstützen, das die Stärken des Produktes entsprechend klar und auch emotional an den Kunden vermitteln kann.
Silke: Du hast eben die Startup-Szene angesprochen. Du selbst hast einige Startups, darunter führende Plattform Unternehmen wie ImmoScout24 und HRS Holidays und eKomi - The Feedback Company erfolgreich gemacht. Was können eher traditionelle Unternehmen in Deutschland, zum Beispiel in der Industrie, von diesen Tech-Unternehmen lernen Deiner Meinung nach?
Børge: Ich kann nicht sagen, was sie von ihnen lernen können. Ich kann aber teilen, was ich zum Beispiel insbesondere von den Software-Unternehmen gelernt habe. Darunter war auch eines, indem ich mit der Hacker-Methodik in Berührung kam. Damit war ich zu dem Zeitpunkt überhaupt nicht vertraut. Wir kennen Hacker ja immer als die Bösen, die irgendwelche Regierungsrechner knacken, mehr oder weniger Kriminelle also. Mittlerweile sind Hackathons aber schon etabliert und zeigen, dass dahinter eben auch viel mehr steckt, nämlich eine ganz besondere Methode, in wahnsinnig schneller Zeit, eine Lösung für ein komplexes Problem zu finden. Das ist der Kernmehrwert. Und als ich mehr darüber erfahren habe, habe ich auch gelernt, dass es keine Hexerei ist.
Denn Hacker können nur so schnell sein, weil sie das Rad nicht neu erfinden. Sprich: Sie schreiben nicht den gesamten Code für eine Anwendung neu. Im Gegenteil, sie kopieren den meisten Code von irgendwoher und bauen dann den Teil dazu, der für eine innovative Lösung fehlt. Sprich: Sie bauen auf Bewährtem und sind sehr kreativ darin, genau die paar Zeilen dazu zu schreiben, die dann noch fehlen. Diese paar Zeilen, in Wahrheit sind es natürlich mehr, machen aber den gravierenden Unterschied. Die Ressourcen fließen aber genau in diesen Teil und werden nicht woanders verbraten. Genau das machen wir mit unseren Kunden. In unserer Analyse decken wir sozusgen den „source code“ auf, die DNA des Unternehmen, den Kern, der die Stärken beinhaltet. Das ist das Wesentliche. Das nehmen wir, machen es sichtbar und helfen dann dabei, den Vertrieb dazu zu befähigen, den Code letztlich selbst erfolgreich weiter zu schreiben.
Silke: Abschließend die Frage – Wie wir der Code der SingularitySales weiter geschrieben?
Børge: Zum Hacker Ethos gehört, das wir unsere geheimen Hacks nicht preisgeben! Wir können aber sagen, dass in unserem Navi das Jahr 2025 eine entscheidende Bedeutung hat.
Darauf steuern wir zu. Zwischendurch ändern wir ab und an die Route, aber bislang nähern wir uns mit ganz gutem Tempo.
Silke: Dann beobachten wir mal gespannt Eure nächsten Spielzüge.
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